Oberstufenforum Religion & Politik
Wer wir sind
Das Oberstufenforum Religion & Politik ist eine interreligiöse Kooperation der Fächer Muslimische bzw. Christliche Religion und der PW-Grundkurse der Oberstufe. Hier vertiefen interessierte Schüler*innen der 11.-13.-Klassen in einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft selbstgesteuert das Themenfeld Religion und Politik aus einer diskriminierungskritischen Perspektive. Wir bestimmen dabei als Schüler*innen selbst die konkreten Themen und Methoden für das gemeinsame Lernen.
Spannende Gäste einladen und moderieren
Neben wöchentlichen Sitzungen, laden wir spannende Gäste aus Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Kultur und Religion zu Workshops in das Forum ein. Wir sind dabei als Schüler*innen selbst Gastgeber*innen und moderieren die Sitzungen. Zusätzlich können Podiumsdiskussionen mit profilieen Expert*innen zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen für einen größeren Kreis veranstaltet werden. Die Podiumsdiskussionen können dabei auch Satire mit der politischen Diskussion verbinden und bringen die Schüler*innen mit den Gästen ins Gespräch. Themen und Gäste werden von den Schüler*innen des Oberstufenforums selbst ausgewählt und die Podiumsdiskussionen von Schüler*innen moderiert. Seit der Pandemie finden alternativ zu den analogen Formaten auch Web-Talks statt.
Mögliche Themen
Religion und Demokratie in einer pluralistischen Gesellschaft, Religion und Menschenrechte, Neutralitätsgesetz und Kopftuchstreit, Eurozentrismus und Orientalismus, Rechtspopulismus, antimuslimischer Rassismus, Antisemitismus, Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja, Erinnerungskultur und Erinnerungspolitik in der Einwanderungsgesellschaft, Religion im Kontext von Mission, (Post-)Kolonialismus, transatlantischem Sklavenhandel und Dekolonisierung, Anti-Schwarzer Rassismus, Neo-Salafismus als Jugendkultur, Daesh/Terrorismus, christlicher Fundamentalismus in den USA, Ableismus (Diskriminierung aufgrund von Behinderung oder chronischer Erkrankung) Religion, Gender und Sexualität, religiöse Dimensionen im israelisch-palästinensischen Konflikt, sunnitisch-shiitischer Konfessionalismus im Nahen Osten, Verfolgung religiöser Minderheiten (z.B. Rohingya/Myanmar, Yeziden/Irak und Syrien), Religion und Kapitalismus, Klimakrise und Klimagerechtigkeit, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, Krieg im Jemen, Somalia, Äthiopien, Syrien und der Ukraine.
Treffpunkt
Jeden Freitag, 13:40 Uhr (A1)
Alle Interessierten sind jederzeit herzlich eingeladen! Die Workshops, Web-Talks und Podiumsdiskussionen werden über Aushänge und die PW-Grundkurse angekündigt und sind für alle interessierten Schüler*innen offen.
Ansprechpartner
Kemal Akgül (muslimische Religion)
Goran Subotic (christliche Religion)
Bisherige Veranstaltungen
1. Workshops (Auswahl)
Gäste:
- JUMA (jung, muslimisch, aktiv)
- Mona ElOmari aka Mona Moon (Spoken Word Artist)
- Nilden Vardar (Referentin für Demokratieförderung, Bundesprogramm Demokratie leben!, Bundesministerium für Familie, Senioren und Jugend)
- Stipendiat*innen des muslimischen Studienwerks AVICENNA
- Dr. Hannah Tzuberi (Judaistin, FU Berlin)
- Joelle Spinner (Kunsthistorikerin, Mit-Begründerin der orthodoxen Kahal Adass Jisroel Synagogengemeinde, Berlin)
- Isidora Randjelović (Alice Salomon Hochschule, Gründungsvorstand des feministischen Romnja-Archivs RomaniPhen Berlin)
- Estera Iordan (Jugendbildungsreferentin im feministischen RomaniPhen Archiv Berlin)
- Milan Pavlović (Gründungsvorstand von Rroma-Informations-Centrum Berlin)
- Mohamed Ibrahim (Politikwissenschaftler, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit)
- Arnon Hampe (ju:an Praxisstelle antisemitismuskritische und rassismuskritische Jugendarbeit, Amadeu Antonio Stiftung)
- Marcel Hopp, bildungspolitischer Sprecher der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus
- Dr. Susanna Kahlefeld, Sprecherin für Partizipation und Beteiligung, Religion und Europapolitik der Bündnis90/Grünen im Berliner Abgeordentenhaus
- Dr. Nahed Samour, Islamwissenschaftlerin und Rechtswissenschaftlerin, Humboldt Universität Berlin
- Dr. Kai Linke, Nelson-Mandela-Schule Berlin zur Situation von Trans und non-binären Kindern und Jugendlichen in der Schule
- Lex Kartané, Influencer*in zu den Themen Neurodiversität und Queerfeindlichkeit
- Rachel Chapman, National Multiple Sclerosis Society, USA zu Rassismus im Gesundheitswesen
2. Podiumsdiskussionen
Yallah! Was tun gegen Rechtspopulismus und antimuslimischen Rassismus?
Gäste:
- Idil Baydar aka Jilet Ayse (Komikerin),
- Younes Al-Amayra / Die Datteltäter (Satiriker),
- Saraya Gomis (Antidiskriminierungsbeauftragte für Schulen, Berliner Senatsverwaltung)
- Burhan Kesici (Generalsekretär des Islamrates für die Bundesrepublik Deutschland)
- Daniel Bax (Journalist und Autor, Mediendienst Integration)
Moderation:
- Heba Amara,
- Vanessa Akyeamah,
- Antonia Katavić
In Kooperation mit:
Yallah! Was los Neutralitätsgesetz?
Satire:
• Esra Karakaya (Die Datteltäter / Karakaya Talk)
Podium:
• Dr. Dirk Behrendt (Berliner Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung)
• Prof. Dr. Naika Foroutan (HU Berlin / Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung)
• Martin Hikel (Neuköllner Bezirksbürgermeister)
• Fereshta Ludin, (Lehrerin und Autorin, erste Klägerin vor dem Bundesverfassungsgericht)
• Mark Rackles (Staatssekretär a. D., Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie)
• Dr. Nahed Samour (Juristin und Islamwissenschaftlerin, HU Berlin / Harvard Law School)
• Dr. Hannah Tzuberi (Judaistin, FU Berlin)
Moderation:
• Suna Samar & Mohamad Chawli
In Kooperation mit:
Yallah! Straße oder Bundestag?
Am 6. Juni 2021 am Offenen Neukölln Festival
Fridays for Future und Black Lives Matter bringen Hunderttausende Jugendlicher auf die Straße. Wo werden die großen Zukunftsfragen entschieden? Auf der Straße oder im Bundestag? Historisch waren Bewegungskämpfe Marginalisierter der Motor politischen Wandels und gesellschaftlichen Fortschritts. Können politische Bewegungen Demokratie heute noch grundlegend erneuern?
Gäste:
- Kevin Kühnert (Stellv. Bundesvorsitzender SPD)
- Ed Greve (Brand New Bundestag)
- Bafta Sarbo (Initiative Schwarzer Deutscher)
- Imeh Ituen (Globale Klimapolitik, Universität Hamburg / Black Earth Collective)
Moderation:
- Paul Adumako
- Kerim Dilek
- Betül Toprak
Yallah! Was los Bildungspolitik?
Am 17. September 2021 Online
Gäste:
- Marianne Burkert-Eulitz (Sprecherin für Kinder, Familie und Bildung, Bündnis 90/Die Grünen)
- Ed Greve (Brand New Bundestag / Die Urbane. Eine HipHop Partei)
- Katharina Günther-Wünsch (Designierte Bildungspolitische Sprecherin CDU)
- Regina Kittler (Stellv. Fraktionsvorsitzende DIE LINKE, Sprecherin für Schule und Kultur)
- Dr. Maja Lasić (Sprecherin für Bildung, SPD)
Moderation:
- Rosalie Borkowski / Nelson-Mandela-Schule/Wilmersdorf
- Sama Amin / Walter-Gropius-Schule/Neukölln
- Betül Torlak / Lessing Gymnasium/Wedding
Inklusive Schule - Vielfalt und Antidiskriminierung als Fragen der Bildungsgerechtigkeit
Am 5.7.2023 im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt
Gäste:
- Katharina Günther-Wünsch (CDU), Senatorin für Bildung, Jugend und Familie des Landes Berlin / Präsidentin der Kultusministerkonferenz
- Sebastian Walter (Bündnis90/Die Grünen), Parlamentarischer Geschäftsführer / Sprecher für Diversität, Queerpolitik und Haushalt der Bündnis90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus
- Prof. Dr. Juliane Karakayalı, Soziologin/Evangelische Hochschule Berlin, Leiterin des Forschungsprojekts ORAS des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft
- Ed Greve, Politischer Referent Migrationsrat Berlin
3. Web-Talks
REPRESENTATION MATTERS
UNORHTODOX (Netflix): Zur Repräsentation orthodoxen Judentums im zeitgenössischen deutschen Film
13. Mai 2020
Gäste:
- Dr. Hannah Tzuberi (Judaistin, FU Berlin), Joelle Spinner (Kunsthistorikerin, Mit-Begründerin der orthodoxen Kahal Adass Jisroel Synagogengemeinde, Berlin)
Moderation:
- Linda Tran, Suna Samar
Romnja-Power: Rassismuskritik, Empowerment & Repräsentation
30. Mai 2020
Gäste:
Isidora Randjelović (Alice Salomon Hochschule, Gründerin und Leiterin des feministischen Romnja-Archivs RomaniPhen Berlin), Estera Iordan (Jugendbildungsreferentin, RomaniPhen Archiv Berlin), Milan Pavlović (Gründer und Leiter des Rroma-Informations-Centrum Berlin)
Moderation:
- Salee Ibrahim, Rony Hamed
Anti-Schwarzer Rassismus und Repräsentation
12. Juni 2020
Gäste:
- Aminata Touré (Vize-Präsidentin des Landtags von Schleswig-Holstein, seit Juni 2022 ist sie Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung im Kabinett Günther II. Sie ist Deutschlands erste afrodeutsche Ministerin.)
Moderation:
- Paul Adumako
GESCHICHTE UND GEGENWART DES NAHOSTKONFLIKTS
5. Juni 2020
Gäste:
- Mohamed Ibrahim (Politikwissenschaftler, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit), Shemi Shabat (Erziehungswissenschaftler, ADNB des TBB)
Aufgrund einer Arbeitsverpflichtung konnte Shemi Shabat leider nicht kommen. Ein Workshop mit beiden preisgekrönten Trainern wird im neuen Schuljahr nachgeholt.
Moderation:
- Mohammad Chawli, Anhar El-Nadry
VERSCHWÖRUNGSANTISEMITISMUS IM KONTEXT DER COVID-19 PANDEMIE
August 2020
Gäste:
- Arnon Hampe (ju:an Praxisstelle antisemitismuskritische und rassismuskritische Jugendarbeit, Amadeu Antonio Stiftung)
- In Kooperation mit Janne Wingenbach und dem Philosophie Grundkurs
CLASS MATTERS
In keinem anderen OECD-Land entscheidet die soziale Herkunft mehr über Bildungserfolg und Teilhabechancen als in Deutschland. In keinem anderen Land Europas ist Reichtum ungleicher verteilt. Laut Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung besitzt die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung gerade einmal 2,5% des gesamten Privatvermögens.
Schwarze Schüler:innen und Schüler:innen of Color erleben nicht nur Rassismus. Sie sind auch besonders häufig Benachteiligungen aufgrund der sozialen Herkunft ausgesetzt. Im antimuslimischen Topos "Neukölln" überschneiden sich Klassismus und Rassismus.
Saraya Gomis ist Lehrerin und bildungspolitische Aktivistin. Sie ist Mitbegründerin von Each One Teach One, dem bundeszentralen Träger für Empowerment Schwarzer Menschen in Deutschland. Sie war Deutschlands erste Antidiskriminierungsbeauftragte für Schulen und ist Mitglied im Advisory Board des Center for Intersectional Justice. Sie war von 2021 bis April 2023 Staatssekretärin für Vielfalt und Antidiskriminierung der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung.
Der Instagram-Kanal @ERKLÄRMIRMAL will Diskriminierungskritik zugänglich machen. Intersektional und feministisch. Die Plattform nutzt die Sozialen Medien als niedrigschwelligen Bildungsraum. Sie vernetzt und demokratisiert Partizipation. Die Gründerinnen & Produzentinnen Victoria Jeffries & Maja Bogojevic wollen junge Menschen, die von Diskriminierungen betroffen sind, dazu empowern politisch sprach- und handlungsfähig zu werden.
Victoria Jeffries ist Kultur- und Sozialanthropologin (B.A.) und studiert soziokulturelle Studien in Frankfurt/Oder im Master. Sie arbeitet als Journalistin bei LoNam - das Afrikamagazin und als Bildungsreferentin mit Berufsschüler:innen und Grundschüler:innen. Als Supervisorin brachte sie für die Bundeszentrale für politische Bildung ihre Expertise in das Bildungsfrmat "Say My Name" ein. Sie ist Mitbegründerin und Produzentin von @Erlärmirmal.
Maja Bogojević ist feministische Sozialwissenschaftlerin (B.A.), politische Trainerin und Gründerin der Bildungsplattform @Erklärmirmal. Sie studiert Human Rights an der Universität Wien im Master. Sie beschäftigt sich mit Themen der Antidiskriminierung, Allyship, Digitalisierung und Klassismus. Maja ist seit 2020 medienpädagogischer Fellow der Schwarzkopf-Stiftung, Fellow der Heinrich Böll Stiftung und politische Referentin beim Migrationsrat Berlin.
Eine OECD-Studie aus dem Jahr 2018 bescheinigt Deutschland eine geringe Soziale Mobilität. „In Deutschland könnte es sechs Generationen dauern, bis die Nachkommen einer einkommensschwachen Familie das Durchschnittseinkommen erreichen“, heißt es im Bericht. Damit dauert der Aufstieg in der Bundesrepublik eine Generation länger als in den 35 Mitgliedsstaaten der OECD im Durchschnitt. Vier Generationen länger als in Dänemark.
Wie kaum eine andere Politiker*in steht Sawsan Chebli für die sozialen Teilhabeversprechen der sogenannten Leistungsgesellschaft. Wie kaum eine andere Politiker*in erfährt sie Rassismus und Sexismus bis hin zu Morddrohungen des NSU 2.0. Dass sozialer Aufstieg nicht vor Rassismus schützt, wird an kaum einer anderen Person des öffentlichen Lebens derzeit deutlicher.
Die Schüler*innen interessiert: Wie hängen Rassismus und soziale Mobilität zusammen? Was hat Sawsan Chebli motiviert in die Politik zu gehen und wie hält sie trotz rassistischer Hetze durch? Was muss sich ändern, damit Deutschland sozial durchlässiger und auf allen Repräsentationsebenen diverser und inklusiver wird?
Sawson Chebli ist SPD Politikerin, Beauftragte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales.
GESCHICHTE DER GASTARBEITER*INNEN
60 Jahre nach dem Anwerbeabkommen mit der Türkei wollen wir uns mit der Geschichte der Gastarbeiterinnen auseinandersetzen, die für viele von uns auch Familiengeschichte ist. Wir laden Gäste ein, die Geschichten erzählen, die im Schulunterricht meist unerzählt bleiben.
Ausgangspunkt dieser Spurensuche sind Geschichte und Lebensrealitäten der zweiten Generation in Ost und West. Anhand der Geschichte(n) unserer Gäste wollen wir die unsichtbare Geschichte der Gastarbeiterinnen erkunden und unsere eigene Geschichte besser verstehen lernen.
Denn spätestens in der zweiten Generation ist diese Geschichte auch Bewegungsgeschichte, queere und feministische Geschichte. Sie ist Arbeiterinnen- und Aufstiegsgeschichte. Geschichte der asiatischen und afrikanischen Diaspora, Geschichte der Romnja in Deutschland.
Koray Yılmaz-Günay ist Verleger und Geschäftsführer des Migrationsrats Berlin, einer Dachorganisation von über 80 Migrant:innen-Selbstorganisationen. Er ist seit den frühen 1990er Jahren Aktivist und arbeitet in der politischen Bildung (Schwerpunkt: verschiedene Formen der Diskriminierung und Antidiskriminierungspolitik). 2011 hat er den Sammelband „Karriere eines konstruierten Gegensatzes: zehn Jahre ‹Muslime versus Schwule›. Sexualpolitiken seit dem 11. September 2001“ herausgegeben (zweite Auflage 2013). 2014 hat er mit Freya-Maria Klinger das Handbuch „Realität Einwanderung. Kommunale Möglichkeiten der Teilhabe, gegen Diskriminierung“ veröffentlicht. 2015 gründete er den Verlag Yılmaz-Günay.
Dr. Mehmet Gürcan Daimagüler ist Jurist, Kolumnist und Buchautor und vertat für die Nebenklage im NSU-Prozess die Geschwister von Abdurrahim Özudoğru, der am 13. Juni 2001 in seiner Änderungsschneiderei erschossen wurde, sowie die Tochter von İsmail Yaşar, der am 9. Juni 2005 in seinem Imbiss getötet wurde. 2015 war er Vertreter der Nebenklage im Auschwitz-Prozess gegen Oscar Grönig und im Fall des Brandanschlags von Altena.
Dr. Çiçek Bacık ist Autorin, Germanistin und Romanistin. Sie studierte Neuere Deutsche Literatur und Französische Philologie an der Freien Universität Berlin und an der Sorbonne. 2012 promovierte sie an der Philipps Universität Marburg in Politikwissenschaften über türkische Fernsehsender in Deutschland. Sie ist Mitherausgebern und Autorin des Sammelbandes „Intercity Istanbul Berlin“ (2010). Gemeinsam mit Ferda Ataman gründete sie 2015 das Autor*innenkollektiv Daughters and Sons of Gastarbeiters, dessen Leiterin sie auch ist. Es sammelt autobiographische Erzählungen aus der zweiten Generation, die in der deutschen Erinnerungskultur sonst fehlen und veranstaltet deutschlandweit Lesungen. Dr. Çiçek Bacık arbeitet als Lehrerin in Berlin.
Dr. Sun-Ju Choi ist Autorin, Drehbuchlektorin und Filmemacherin. Sie studierte
Literaturwissenschaft an der Universität Köln und Drehbuch an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Ihre Dissertation *Vater Staat und Mutter Partei *untersucht nordkoreanische Filme. Sie ist Mitbegründerin und Vorstandsvorsitzende von korientation e.V. Der Verein ist eine (post)migrantische Selbstorganisation und ein Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven mit einem gesellschaftskritischen Blick auf Kultur, Medien und Politik. Dr. Sun-Ju Choi ist Mitbegründerin, Kuratorin und Co-Leiterin des Asian Film Festival Berlin.
OSTDEUTSCHE VERTRAGSARBEITER*NNEN
Seit 1968 wurden auch in der DDR sog. Vertragsarbeiter*innen aus sozialistischen Staaten angeworben, die dabei helfen sollten die Produktion zu steigern. Zur Wende lebten über 90 000 Vertragsarbeiter*innen in der DDR. Den wenigsten wurde nach der Wende ein dauerhafter Aufenthaltsstatus in der BRD gewährt.
Wie war ihre gesellschaftliche Situation im Land der Völkerfreundschaft? Welche Beziehungen gab es zu akademischen diasporischen Gruppen in der DDR? Wie war es als Schwarzes Kind in einem sozialistischen Deutschland aufzuwachsen, aus dem Angela Davis die meiste Unterstützungspost im kalifornischen Gefängnis erhielt?
Schließlich soll sich die Perspektive auf die Wendezeit erweitern. Mit ihrem Erinnerungsband Labor 89 haben Peggy Piesche und Nicola Lauré al-Samarai ein einzigartiges Zeitdokument vorgelegt.
Nicola Lauré al-Samarai ist Geschichts- und Kulturwissenschaftlerin und in Ost-Berlin geboren und aufgewachsen. Als Autorin, Lektorin, Vermittlerin und Kuratorin wirkt sie maßgeblich daran mit Schwarze Geschichte in Deutschland sichtbar zu machen. Sie war u.a. an folgenden Projekten beteiligt: Labor 89: Andere Perspektiven auf die Wendezeit (2019/2020), Decolonize '68 (2018), conzepte. Neue Fassungen politischen Denkens (2010/2011), Homestory Deutschland. Schwarze Biografien in Geschichte und Gegenwart (2005–2012). 2007 gab sie gemeinsam mit Kien Nghi Ha und Sheila Mysorekar die Anthologie re/visionen. Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland heraus.
Peggy Piesche ist in der DDR geboren und aufgewachsen. Sie ist Literatur- und Kulturwissenschaftlerin und Referent*in für Diversität, Intersektionalität und Dekolonialität in der Bundeszentrale für politische Bildung. Seit 1990 ist sie in der Schwarzen feministischen Bewegung in Deutschland und international aktiv. Sie ist Mitfrau* bei Generation ADEFRA (Schwarze Frauen* in Deutschland) und engagiert sich dort in der wissenschaftlichen Fachgruppe DiversifyingMatters. Seit 2016 ist sie zudem Executive Board Member der Association for the Study of the Worldwide African Diaspora (ASWAD). 2018 führte sie einen konsultativen Prozess zur Umsetzung der UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft (2015–2024) im Auftrag des Berliner Senats durch. Gemeinsam mit Maureen Maisha Auma, Garda Kilomba und Susan Arndt gab Sie 2005 mit Mythen, Masken und Subjekte das Referenzwerk zu Kritischer Weißseinforschung im deutschsprachigen Raum heraus.
VORGESCHICHTE
Zeitzeug*innengespräch in der Walter-Gropius-Schule
Esther Bejarano war eine der letzten Überlebenden des Auschwitz Mädchenorchesters. Als eine Akkordeonspielerin für das berüchtigte Orchester gesucht wurde, log die junge Klavierspielerin, schaffte die Aufnahme und spielte um ihr Leben. Sie überlebte den NS Terror in den Lagern von Auschwitz und Ravensbrück. Nach der Befreiung heiratete sie einen türkischen Juden und lebte zunächst in Israel/Palästina, dann in Hamburg, wo sie in der Friedensbewegung Heimat fand. Sie ist Mitbegründerin und Vorsitzende des Internationalen Auschwitz Komitees und Ehrenvorsitzende des Vereins der Verfolgten des Naziregimes.
Die Musikerin sang mit über 90 Jahren noch in der multikulturellen Kölner Rap-Kombo „Microphone Mafia" mit ihrem Sohn Joram Bejerano gegen Antisemitismus und Rassismus. Die deutsch-türkisch-sizilianische Formation gehört zu den ältesten noch bestehenden deutschsprachigen Hip Hop Acts und geht mit ihren Wurzeln in der politischen Jugendkultur Maginalisierter eine authentische Verbindung mit Lesung und Gesang der Zeitzeugin ein.
Esther Bejarano war eine aufmerksame Beobachterin des politischen Zeitgeschehens und trat entschieden für die Rechte Geflüchteter ein. Angesichts des gegenwärtigen Aufkommens einer neuen Rechten (AfD / Pegida) warnte sie eindrücklich: „Der Satz ‚Wehret den Anfängen!‘, ist längst überholt, wir sind mittendrin!“
Schüler*innen der Walter-Gropius-Schule trafen Esther Bejarano am 9. Juni 2016 zum Zeitzeuginnengespräch in ihrer Schule und gestalteten am Abend ein Konzert mit Lesung von Esther Bejarano und Microphone Mafia in der Neuköllner Werkstatt der Kulturen musikalisch mit. Die Schüler*innen wollten damit ein Zeichen der Solidarität setzen gegen Antisemitismus und antismuslimischen Rassismus.
Die Veranstaltung war eine Kooperation der Walter-Gropius-Schule Neukölln und der Werkstatt der Kulturen und wurde von der Berliner Landeszentrale für politische Bildung, der Amadeo Antonio Stiftung und der Islamischen Föderation gefördert.